Der Gripen stellt sich zur Abstimmung am 18. Mai 2014

Gripen
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Man stelle sich vor in Deutschland würde Bundesverteidigungsminister Ursula von der Leyen vor die Kameras treten und verkünden, es werde über die Anschaffung von Kampfjets eine Volksabstimmung geben. Großes Gelächter wäre die Folge.

Da ist auf der einen Seite eine hoch entwickelte, fliegende Kampfmaschine, deren Innenleben ein Staatsgeheimnis ist und auf der anderen Seite soll es genügend Transparenz geben, damit Opa Josef Sonntags zwischen Kirchenbesuch und Mittagessen schnell an die Wahlurne geht und sein qualifiziertes Urteil darüber abgibt, ob seiner Ansicht nach die Sicherheit des Landes gewährleistet ist oder es noch einige Anschaffungen braucht.

In Deutschland und den meisten Ländern dieser Erde ist der spielerische Umgang mit der Sicherheit eines Landes undenkbar. Experten tragen ihre Meinung vor und dann entscheidet die Regierung unter Einbeziehung der Volksvertreter.

In der Schweiz ist es anders und das ist gut so. Immerhin muss das ganze Volk über die Steuern für Milliardenausgaben aufkommen. Also soll es auch das letzte Wort haben. Die Experten tragen ihre Meinung vor, der Bundesrat tut seine Meinung kund und wenn genügend Stimmen gegen das Votum des Bundesrates zusammen kommen gibt es den Volksentscheid. So geschehen: «Am 30. November 2011 entschied sich der Bundesrat zum Kauf von 22 Saab Gripen. Im Herbst 2013 stimmten sowohl der Nationalrat wie auch der Ständerat dem Fonds-Gesetz zur Finanzierung der Beschaffung im zweiten Anlauf zu. Zwei Komitees, eines aus dem links-grünen und eines aus dem bürgerlich-liberalen Lager, haben gegen das Geschäft das Referendum ergriffen. Die daraus resultierende Volksabstimmung wird am 18. Mai 2014 abgehalten.» (Quelle: Wikipedia)

Konkret wird am 18. Mai darüber abgestimmt, ob zu den noch vorhandenen Pilatusmaschinen und 56 Tiger F-5 und 32 Kampfjets F/A-18 zusätzlich 22 Stück des Kampfflugzeuges Gripen angeschafft werden.

Die Befürworter sagen, die traditionelle Neutralität der Schweiz führe dazu, dass sie vom Verteidigungsbündnis NATO ausgeschlossen sei. Sie müsse sich im Ernstfall also selbst verteidigen. Ein modernes Kampfflugzeug sei dazu notwendig. Ja, viele meinen sogar, dass die Schweiz ohne den Gripen auch keine Armee brauche. Eine Armee ohne Luftwaffe sei nutz- und schutzlos.

Wie weit ist es mit dem Abschreckungspotenzial her? Schauen wir uns die Zahl der Kampfflugzeuge anderer Länder im Vergleich an. Wobei die Anzahl natürlich wenig über die Qualität aussagt. Die Webseite www.welt-in-zahlen.de führt für Deutschland 380 Stück auf. Großbritannien ist mit 560 und Frankreich mit 510 dabei. Italien hat 410 Kampfflugzeuge und Österreich 30. Die USA sind einsamer Spitzenreiter. 8220 Kampfflugzeuge sind dort im Einsatz.

Der Vergleich zeigt, dass im Ernstfall die stärkste Waffe der Schweiz nicht die Luftwaffe, sondern wie immer durch die Jahrzehnte und Jahrhunderte die Neutralität ist und sein wird.

Auch gehen die Zukunftsforscher in einer Welt voller Atomwaffen weniger davon aus, dass es Kriege in Europa geben wird. Vielmehr richten sie ihr Augenmerk darauf, dass es mit geringeren Löhnen und einem immer größer werdenden Unterschied zwischen Arm und Reich zu Unruhen in der Bevölkerung kommen könnte. Auch der Schutz vor Terroranschlägen erfordert zumindest eine minimale Präsenz von Kampfflugzeugen, die auf dem neuesten Stand der Technik sind. Die Schweizer dürften also am 18. Mai für den Gripen stimmen.

Hans-Jürgen John ist Hans John (@rafaelofirst) auf Twitter und Hans.John.16 auf Facebook. Hans bloggt auf www.johntext.de und www.tage-bau.de

Der Mindestlohn

4.000 CHF Mindestlohn. Das hört sich für Arbeitnehmer gut an. Sie werden für den Mindestlohn stimmen. Männer, die eine Familie gründen wollen und die wissen, dass sie diese Aufgabe finanziell mit dem bisherigen Lohn nicht stemmen können, wenn die Frau nicht arbeiten geht. Väter, weil sie nicht wollen, dass ihre Kinder einmal für wenig Geld arbeiten müssen. Frauen und Mütter, weil sie eh benachteiligt sind und ihr durchschnittlicher Lohn immer noch 20 Prozent unter dem der Männer im gleichen Beruf liegt. Auch jene, die bereits über 4.000 CHF im Monat verdienen denken an die Zukunft. Wer weiß, vielleicht sind sie bei Arbeitsplatzverlust einmal darauf angewiesen, dass es diese Mindestlohngarantie gibt.

Und doch: Eine Mindestlohninitiative geht für viele an der Realität vorbei. Entscheidend ist, was der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber aushandelt. Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. So manchem ist ein sicherer Arbeitsplatz und ein gutes Verhältnis zu seinem Arbeitgeber weit wichtiger als das Pochen auf einen Mindestlohn. Die Mindestlohninitiative wird vor allem zu einem Gradmesser für die Zufriedenheit der Arbeitnehmer.

Die Befürworter sind der Meinung, mehr Geld in den Taschen derer, die es leichter ausgeben, schaufele Geld in den Wirtschaftsprozess und komme letztlich den KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) zugute. Ein Argument, das sich auch die Befürworter des Grundeinkommens zugute machen.

Wie schon bei der Volksinitiative vom 09.02.2014 gegen unkontrollierte Einwanderung sagen die einen, dass ein Mindestlohn in dieser Höhe der Wirtschaft massiv schaden wird. Doch seien wir ehrlich. Höhere Kosten wird jedes Unternehmen instinktiv im ersten Moment der Erkenntnis wieder über teurere Produkte oder weniger Arbeitnehmer, also Entlassungen auszugleichen versuchen. Beides steht jedoch einem Wachstum des Unternehmens entgegen. Stattdessen wird es also versuchen, durch aggressiveres Agieren am Markt mehr Gewinn einzufahren.

Länder mit tiefen Löhnen hätten weniger Arbeitslose. Damit die Schweiz ein Land mit tiefer Arbeitslosenquote bleibt, dürfe es die Mindeslohninitiative nicht geben. Das ist erwiesenermaßen falsch. Länder mit sehr hoher Arbeitslosenquote wie Spanien und Portugal haben tiefe Löhne.

Fakt ist, dass die Schweiz das Land mit den höchsten Lebenshaltungskosten weltweit ist. Die Webseite http://www.swissinfo.ch stellte das schon vor einem Jahr fest. Demnach sind Lebensmittel im Vergleich mit dem Durchschnitt circa 45 % teurer als in Westeuropa. Wer in der Schweiz wohnt und arbeitet, sieht die Realität. Eine Dreizimmerwohnung auf dem Lande schlägt hier mit 1200 CHF zu Buche. Wohnungen in Städten wie Zürich sind teurer. Wie kommt das? Es wird mit der Wohnungsknappheit und hohen Grundstückspreisen erklärt. Blättert man durch die Wohnungsanzeigen im Immoscout24.ch findet sich für den Raum Zürich kaum eine Dreizimmerwohnung unter 2.500 CHF. Ausschläge nach unten und oben sind möglich. Dreieinhalb Zimmer für 4.250 CHF sind nicht selten. Das heißt aber nicht, dass man sie auch bekommt. Die Nachfrage ist riesig.

Und schon gibt es Stimmen, die meinen 4.000 CHF Mindestlohn wären für Zürich angebracht. In anderen Landesteilen wären die Lebenshaltungskosten sehr viel niedriger, dort bräuchte es das nicht. Unmöglich ist es regionale Besonderheiten im Sinne der Gleichbehandlung zu berücksichtigen.

Die Schweiz ist ein Land, in dem die Bürger letztendlich bestimmen, was die Politik zu tun hat. Die Löhne sind hoch und trotzdem geht es allen gut. Das Märchen vom Arbeiter, der mit wenig Geld nach Hause gehen muss, damit seine Firma wettbewerbsfähig bleiben kann, ist eine glatte Lüge. Solche Ammenmärchen müssen die Menschen in Deutschland und in anderen europäischen Ländern ohne direkte Demokratie und damit ohne direkte Einflussnahme auf die Politik glauben. Sie haben nach der Wahl keine Möglichkeit mehr in die politischen Entscheidungen einzugreifen. Die deutsche Politik fördert und unterstützt die Firmen in der Annahme, dass wenn es den Firmen gut geht, diese es an ihre Arbeitnehmer weitergeben. Ein Trugschluss. Jede AG ist gezwungen, ihren Aktionären gegenüber sogar in Zeiten von Gewinnausweisen Kosteneffizienz nachzuweisen. Am meisten lässt sich sparen, indem mit einem Federstrich 10.000 Angestellte entlassen werden.

In Deutschland und anderen Ländern wählen die Bürger ihre Volksvertreter und hoffen und glauben daran, dass diese in ihrem Sinne bei Abstimmungen handeln. In der Schweiz muss es sich ein Politiker zweimal überlegen, was er tut. Das erste Mal, wenn die überall gegenwärtigen Lobbyisten der Wirtschaft bei ihm anklopfen und ihm suggerieren wollen, wie er zu stimmen hat. Das zweite Mal bei der Abstimmung selbst, wenn er vor seinem geistigen Auge die wütenden Wähler sieht, die seine Entscheidung bei der nächsten Volksinitiative wieder rückgängig machen.

Es ist schwer zu sagen, wie die Abstimmung ausgehen wird. Auch vor dem Hintergrund einer kommenden Abstimmung über das Grundeinkommen (2.500 CHF Einkommen für alle, ohne etwas dafür tun zu müssen) könnte es ein «Ja» zum Mindestlohn geben. Daran ändert auch nichts, dass sogar die Neue Zürcher Zeitung mehrfach Artikel gegen die Einführung des Mindestlohnes lanciert hat. «Das Märchen vom Mindestlohn» (NZZ vom 04. April 2014); «Warnung vor dem Mindestlohn» (NZZ vom 10. April 2014);

Hans-Jürgen John ist Hans John (@rafaelofirst) auf Twitter und Hans.John.16 auf Facebook. Hans bloggt auf www.johntext.de und www.tage-bau.de