Abbilder der Realität

FOTOS UND TEXT: Hans-Jürgen John

Der Schweizer Filmregisseur Jan Gassmann – Abbilder der Realität

Der Schweizer Filmregisseur Jan Gassmann vor dem Bistro des Kinos «RiffRaff»

Der Schweizer Filmregisseur Jan Gassmann vor dem Bistro des Kinos «RiffRaff».

Der Schweizer Filmregisseur Jan Gassmann erhielt für seine Filme etliche Auszeichnungen. Seine Filme kreiert er nicht nur aus seinem Kopf. Er muss viel erleben, um es dann filmisch umzusetzen.

Frühling ist es und warm. Der Regisseur von «Heimatland» betritt in Jeans und T-Shirt die Kinobar im RiffRaff in Zürich. Mit dem Skateboard unterm Arm bestellt er einen Espresso. Im Herbst kommt «Europe, she loves» in die Kinos. Premiere war auf der 66. Berlinale.

Ein Interview mit ihm zu bekommen, ist schwer. Nach drei Monaten hat es geklappt. Wir sind allein. Die getönte Scheibe im Rücken von Jan Gassmann spiegelt Fussgänger und ab und zu ein Fahrzeug.

«Im RiffRaff arbeitete ich früher. Hier sind alle unsere Filme gelaufen.» Er gehe gerne ins Kino. Aus Spass und Neugierde und über das berufliche Interesse hinaus. «Wann immer ich es mir leisten kann», fügt er hinzu.

Gassmann dreht sich eine. «Natural American Spirit.» Wozu er Filme drehe, frage ich und weiss längst, dass er eine soziale Ader hat. Sonst würde er in seinen Filmen nicht Autisten, Homosexuelle oder Krebskranke in den Mittelpunkt stellen.

Es sei einfach «der Wunsch, Geschichten zu erzählen». Inhalte so zu transportieren, dass Zuschauer sie aufnehmen könnten. «Wenn alles gut läuft, bin ich als Künstler mehr verloren, als wenns schlecht läuft.» Gerade der Misserfolg und Neues spornten ihn an. Seit 14 Jahren mache er längere Filme. «Ich habe den Anspruch, besser zu werden. Weiterzukommen. Mich selber herauszufordern, ist das Ziel. Projekte zu machen, die ich noch nicht versucht habe.»

«Zuschauer herausfordern und zum Denken anregen»

Filme mit Vorbildcharakter? Er lacht. Nein, das sei sicher nicht seine Aufgabe. Die Realität bilde er im Film ab. «In meinen Filmen gibt es Sexualität, Drogen und alles Mögliche, was uns das Leben so anbietet.» Gleich schränkt er ein: «Im Film geht es nicht um die perfekte Abbildung. Er bringt die Phantasie im besten Fall ins Rollen.»

Ein anderer Aspekt ist ihm wichtig: «Unserer Welt fehlt es an Helden.» Und so kommen seine Filme ohne aus. «Eher mit Antihelden.»
Früher, ja früher wollte er mit seinen Filmen etwas erreichen, auch politisch. Heute sieht er das weiter: «Film muss keine Lösung oder Handlungsanweisung sein. Meine Filme sollen den Zuschauer herausfordern und zum Denken anregen.»

Nach und nach sind die Tische um uns herum alle besetzt. Liegt es an dem bekannten Filmregisseur oder an der freitäglichen Aprilsonne? 2008 erhielt er allein für «Chrigu» den Berner und den Zürcher Filmpreis und 2009 den Preis der Schweizer Filmkritik und den Prix Walo. Weitere Preise für weitere Filme folgten. «Chrigu» liege ihm nach all den Jahren immer noch sehr am Herzen.

Genügsam

Was verbindet den privaten Jan Gassmann mit dem Schweizer Filmregisseur Jan Gassmann? Er lebe sehr intensiv. «Exzessiv im Leben und exzessiv in der Arbeit.» Liebe, Party, Drogen – das alles gehöre irgendwie zum Leben dazu. Das ganze Leben bestehe sicher nicht daraus. «Im Exzess fällt einem nichts zu.» Er inspiriere allenfalls.

Der Schweizer Filmregisseur Jan Gassmann liebt Zürich. Er vermisst hier nur das Meer.
Jan Gassmann liebt Zürich. Er vermisst hier nur das Meer.

Für Gassmann gibt es unterschiedliche Regisseure. «Die einen kreieren alles aus ihrem Kopf.» Er gehöre sicher zu denen, die vieles erleben müssen und es dann filmisch umsetzen.

Wo wir beim Vergleich mit anderen sind: Es gebe Leute, die seien schon aufgrund der Herkunft privilegiert. «Ich habe die Welt eher von der Mitte und von unten gesehen. So hat alles bei mir eher mit Wille und Arbeit zu tun und weniger mit Connections oder so.»

Er habe sich das Leben bereits sehr früh selber finanzieren können. «Als Cutter oder über Nebenjobs.» Er sieht zu den getönten Scheiben des Bistros hinüber, zu dem ein Kino gehört.

«Ich fühle mich sehr frei in dem, was ich mache. Mein Leben ist recht skalierbar. Ich kann mal mehr Geld haben und mal weniger. Ich habe nicht besonders viele Wünsche.» Er brauche wenig zum Leben. «Ich kaufe ab und zu mal eine Schallplatte. Thatʼs it.»

Unabhängig

Hager ist er, fast dünn. Wichtig sei, was man zu sich nehme. «En guete Zmorge und dann einmal eine Mahlzeit am Tag» reiche ihm. Als Student lag ihm Pasta, jetzt seien es eher Kartoffeln in jeglicher Zubereitung, mal Fisch und Salat.

Ist in seinem Leben Platz für Kinder und damit Familie? Ja, bestimmt. Wie sich das halt ergebe.
«Ich habe keinen Lebensplan, der mir sagt: Jetzt bist du 32. Jetzt musst du dich so verhalten.» Es gebe für ihn nicht ein Ziel oder eine Zufriedenheit. Das «Wichtigste auf der Welt» existiere für ihn nicht.

«Das Zwischenmenschliche zählt sehr viel für mich.» Ungekämmt und mit Dreitagebart sitzt er mir vor dem Bistro gegenüber. Ist sein Äusseres der Filter, mit dem er sich Menschen auf Abstand hält, die Kontakte nach dem Aussehen knüpfen?

Er legt beide Hände auf der Tischkante ab. Richtig sei, intensiv zu leben. Den Moment mitzunehmen. «Das Licht macht den Schatten und umgekehrt.» Wenn etwas wichtig sei, dann verschiedene Momente. Und davon wieder die problematischen. Da ist sie wieder. Seine Art, sich zu motivieren. Über alles, was nicht rund ist und nicht rund läuft.

Er reist gerne. Der 32-Jährige war in den USA. In Thailand, dem Senegal und Mexiko und auch ein Jahr in Ecuador, teilweise mit Stipendium. «Mit dem Auftrag, für einen Film zu reisen, ist nochmals sehr viel interessanter, als nur zu relaxen. Du hast sofort Kontakt zu den Leuten.»

In Indien hat er auch gedreht. Und er sei gerne immer wieder in Zürich. «Es gibt hier ein breites Angebot. Und viel Kontrast. Das mag ich sehr gerne an dieser Stadt.»

In Geld sieht er vor allem ein Mittel. «Geld ist okay. Ich beklage mich nicht. Ich kann von den Filmen leben. Das Einzige, was ich in Zürich vermisse, ist das Meer. Sollte ich einmal viel, viel Geld haben, werde ich mir irgendwo in einem Dörfchen eine kleine Wohnung mieten.»

Unabhängig zu sein, sei ein extremes Privileg im Vergleich zu anderen. «Es ist aber nicht geschenkt. Filme machen ist nicht wie eine Karriere, in der alles immer grösser wird. Oft gibt es einen Bruch.»

Vier Jahre an einem Projekt zu arbeiten, und dann komme es nicht zustande – das sei möglich.
Was macht er dagegen? Zurzeit arbeite er an zwei bis drei Projekten gleichzeitig. Komme eines nicht zustande, so greife er auf ein anderes zurück. Und werden alle realisiert? Er lacht. «Ich habe dann auf einmal sehr, sehr viel zu tun.»

«Europe, she loves» im Herbst in den Kinos

Tastet er sich nach mehreren Filmen mit sozialem Hintergrund an einen Kassenknüller heran? «Europe, she loves» spielt in verschiedenen europäischen Ländern. Und es dreht sich um Beziehungen.

Jan Gassmann bleibt bescheiden und skeptisch. Der Film ist eher melancholisch. «Es gibt keine Formel.» Viele machten den Film, der die Massen bediene. Und scheitern. Auch die Amerikaner hätten die todsichere Formel nicht. Viele Schweizer Filme schafften es nicht, das Geld einzuspielen, das sie gekostet hätten.

Fazit? «Ich erzähle im Film erst einmal das, was mich interessiert.» Erfolg dürfe nicht die primäre Motivation sein. «Steckt die falsche Motivation hinter einem Ziel, kommt der Erfolg nicht.»

Sein filmisches Erbe kümmere ihn wenig. Sicher sei es ein Nebeneffekt, dass seine Filme Momentaufnahmen ihrer Zeit seien. «Und im besten Fall langsam altern.» Er wiederholt: «Viel wichtiger ist mir, was ich im zwischenmenschlichen Bereich, in der Familie, den Beziehungen und mit Freunden hinterlassen kann.»

Die Ideen für seine Filme kommen ihm spontan. «Europe, she loves» fiel ihm unter der Dusche ein. «Ein Film mit viel Risiko.» Sie fuhren im Team 20 000 Kilometer durch Europa. Niemand wusste, ob der VW-Bus das durchhalte. Ob sie genügend Pärchen für die Dokumentation finden würden.

Ja, den Führerschein habe er. Und der VW-Bus sei der Firmenwagen für alle. Mit Julia Tal und Lisa Blatter hat er 2012 die Produktionsfirma 2:1 Film gegründet.
Spricht, nimmt sein Skateboard und surft die Strasse hinunter.

Dieser Artikel wurde am 15.06.2016 auf https://derarbeitsmarkt.ch veröffentlicht.

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Der Name ist Programm

FOTOS UND TEXT: Hans-Jürgen John

Der Name ist Programm – Thomas Stark

Der Name ist Programm – Thomas Stark montiert eine Deckenleuchte.

Thomas Stark aus Zwingen (BL) wagt als Elektroinstallateur den Schritt in die Selbständigkeit. Mit seiner Erfahrung und seinem Netzwerk meistert er etliche Hürden.

Mit raschen Bewegungen schliesst Thomas Stark eine Netzwerksteckdose in seinem Büro an. Hier verbindet er einen Computer mit dem Internet. Der Elektroinstallateur aus Zwingen (BL) arbeitet seit Dezember 2015 selbständig mit seiner Stark Strom GmbH.

«Es ist ein Risiko»

Thomas Stark, Laufen (BL), über den Schritt in die Selbständigkeit

Das Vertrauen in die Kunden und seine Fähigkeiten machten diesen Schritt indes kalkulierbar. Arbeit sei genug da.

Stark prüft, ob der Strom abgestellt ist. Sicherheit geht immer vor. Dann nimmt er sich eine Leiter und montiert eine Deckenleuchte. Während andere noch über den Frankenschock jammern, stellt er Anfang April den ersten Mitarbeiter ein. Der Weg bis dahin ist lang. Der vierjährigen Ausbildung zum Elektromonteur folgen sechs Jahre Praxis. Die Prüfung zum Elektrokontrolleur und Chefmonteur besteht er 1997. Damit ist er berechtigt, auszubilden. Seit er die höhere Fachprüfung zum eidgenössisch diplomierten Elektroinstallateur 2007 abgelegt hat, überlegt er, sich selbständig zu machen.

2015 ist es so weit. Die Kinder sind in einem Alter, in dem sie den zweiten Elternteil weniger brauchen. Thomas Stark ist seit 1999 verheiratet. Mit seiner Frau Carmen hat er drei Kinder zwischen 14 und 20 Jahren. Die Familie kommt für ihn an erster Stelle. Das geht ihm so wie vielen anderen. «Dafür arbeiten wir schliesslich.» Sein ältester Sohn absolviere eine Lehre als Automatiker in den Pilatuswerken in Stans (NW). «Und Urban beginnt eine Lehre als Elektroinstallateur in Breitenbach.»
 
Ohne Elektroinstallateure geht nichts

Beim Elektroinstallateur denken die meisten an eine Person, die mit Hammer und Meissel Schlitze ins Mauerwerk von Rohbauten klopft. Um damit Raum für Elektrokabel und Steckdosen zu schaffen. Dabei sei das eine Tätigkeit von vielen. Thomas Stark lächelt. Eine Person, die mit Schraubenzieher und Plan eine Leitung anschliesse, um eine Verbindung zu schaffen, passe besser in die Realität.

Der 46-Jährige ist überzeugt, dass seine Branche krisensicher ist.

«Wir machen uns unentbehrlich. Wir sind bereits da, wenn das Fundament gelegt wird, und erden es. Praktisch bis zum Bezug des Hauses sind Elektroinstallateure anzutreffen.»

Thomas Stark, Laufen (BL)

Sie schlitzen Wände auf und bereiten sie für Kabelrohre vor. Sie verlegen Schalterkästchen unter Putz und ziehen Drähte und Kabel in die Rohre ein. Die Haustechnikanlagen – Heizung, Boiler, Lüftung – werden angeschlossen. Elektroinstallateure montieren Schalter und Steckdosen. Am Schluss sind alle Beleuchtungen «ready for use».

Thomas Stark steigt aufs Flachdach der Gewerbeliegenschaft, in der sein Büro liegt. Die ganze Fläche wird für die Photovoltaikanlage genutzt. Sie produziert in Zwingen genügend Strom für 30 Einfamilienhäuser. Geduldig prüft er die Anschlüsse.


Thomas Stark prüft eine Photovoltaikanlage in Zwingen (BL). Sie liefert Strom für 30 Einfamilienhäuser.

Neben der Arbeit und der Familie bleibt wenig Zeit. So liegt nahe, dass sein Steckenpferd Teil seiner Arbeit ist. Erneuerbare Energien wie Photovoltaik faszinieren ihn. Die Nachfrage nach diesen Anlagen steigt. Mit Zustimmung des jeweiligen Energiebetreibers wird überschüssiger Strom in das Netz eingespeist.

«Ich bin überzeugt, dass in nächster Zeit die Energie aus Photovoltaikanlagen kurzfristig speicherbar wird. Will die Schweiz ohne Kernkraftwerke auskommen, braucht sie neben den Wasserkraftwerken und den Pumpspeichern mehr von solchen Kurzzeit-Speicheranlagen.»

Thomas Stark, Laufen (BL)

Im Büro arbeitet Stark am PC mittels CAD-Programm die Pläne für die Elektroinstallationen eines Mehrfamilienhauses aus. Wo er früher von Hand mühsam gezeichnet hat, entstehen wie von Zauberhand Steckdosenanschlüsse und Verteilerkästen.

Starks Werdegang mag anderen Mut machen, es gleichzutun. «Anfangs war ich einige Jahre als Monteur auf Baustellen unterwegs.» Bereits früh konnte er bei der Planung von Bauten als Sachbearbeiter und als CAD-Zeichner mitwirken. Über den Projektleiter, Chefkontrolleur und Filialleiter stieg er dann zum Geschäftsführer eines KMU auf.

Der Fachkräftemangel sei ein Problem. Ohne Arbeiter aus dem Ausland gehe es in der Schweiz zurzeit nicht, sagt Stark. Auch ein Vorrang der Inländer mache wenig Sinn. «Die Fähigkeiten müssen den Ausschlag geben.» Und so ist für ihn Weiterbildung der wichtigste Schritt, um auf dem Arbeitsmarkt mithalten zu können.
 
Mehr Lehrstellen als Interessierte

Ihn persönlich packte der Beruf, als er in einer Schnupperlehre mit einer Spitzmaschine und einer Schlitzmaschine Installationen in Backsteinwänden unter Putz verlegen durfte. «Dies hat enorm viel Kraft gebraucht und hat mir sehr viel Spass bereitet. Daraufhin habe ich mich für diesen Beruf entschieden. Prompt kam die Zusage für diese Lehrstelle.»

Schade findet er, dass es derzeit mehr Lehrstellen als Interessierte gebe. «Dabei sind die Aufstiegschancen sehr gut.» Als Projektleiter und eidgenössisch diplomierter Elektroinstallateur ist der Schritt vom Arbeiter zum Teamleiter gemacht. Über weitere Ausbildungen erfolgen Spezialisierungen für die IT-Branche, Energieberatung und Photovoltaik. Haustechnik-, Brandmelde- und Alarmanlagen sind mögliche Betätigungsfelder.

«Das ist für jeden etwas», ist sich Stark sicher. Wer gerne bei Wind und Wetter draussen sei und technisches Verständnis mitbringe, habe es in diesem Beruf leichter. Vieles sei einfacher geworden im Vergleich zu früher. Das Internet ermögliche, sich von unterwegs technische Anleitungen anzusehen.

Und meisselte der Elektroinstallateur noch vor einigen Jahren von Hand die Schlitze für die Elektrorohre, gebe es heute Maschinen und spezielles Werkzeug, die die schwere Arbeit abnähmen. Wie in vielen anderen Handwerksberufen verlagert sich der Schwerpunkt von der körperlichen zur Kopfarbeit. «Ein anspruchsvoller Job», fasst Thomas Stark zusammen.

Der Name ist Programm – Thomas Stark plant per CAD-Programm die Elektroinstallationen eines Mehrfamilienhauses

Der Schritt in die Selbständigkeit war letztes Jahr nicht mehr ganz so gross.

«Ich habe mich als Angestellter immer für die Firma eingesetzt, als wäre sie meine eigene. Mit der Selbständigkeit zahlt sich dieses Engagement nun für mich aus.»

Thomas Stark, Laufen (BL)

Die Fragen, die zusammen mit der Existenzgründung auftauchten, bewältigte er dank der Mithilfe des Business Parc in Reinach. Das Coaching-Team unterstützt Start-ups vor, während und nach der Gründung. «Dafür bin ich sehr dankbar. Ohne die Hilfen des Kantons und des RAVs wären viele Existenzgründungen undenkbar.» Am wichtigsten für die Kalkulation des Risikos und des möglichen Wachstums ist der Finanzplan. Darunter falle auch der Liquiditätsplan, die voraus kalkulierte Einnahmen- und Ausgabenrechnung.

Einige Fragen bleiben für Thomas Stark existenziell: Darf ich diese Maschinen kaufen? Darf ich jemanden einstellen? Eine Fehlentscheidung kann ihn in den Konkurs führen.

Allerdings ist die Existenzgründung nicht für jeden geeignet.

«Es braucht sowohl fachliche wie auch kommunikative Fähigkeiten. Dazu kommt ein Netzwerk.»

Thomas Stark, Laufen (BL)

Daher sei die Rechnung, dass mehr Selbständige die Arbeitslosigkeit in der Schweiz verringern könnten, grundsätzlich richtig, aber zu einfach formuliert.
 
Etwas finden, das Spass macht

Erleichtern könnten Bund und Kantone den Schritt in die Selbständigkeit sehr, indem sie mutige Handwerker entlasteten.

«Neuunternehmungen müssten im ersten Jahr teilweise von den Sozialleistungen entbunden werden.»

Thomas Stark, Laufen (BL)

Schon die kurze Zeit als Selbständiger hat Stark gezeigt, welche Hürden er überwinden muss. Zahlungen an BVG und AHV sind Vorauszahlungen. Könnte er diese Zahlungen erst zusammen mit der Lohnzahlung begleichen, wäre das eine grosse Erleichterung. «Hier ist eine Änderung notwendig.»

Was rät Thomas Stark jenen, die sich beim Berufswunsch schwertun? «Du musst etwas finden, das dir Spass macht.» Um das herauszufinden, seien Praktika da. Sei der Spass da, komme das Interesse, mehr wissen zu wollen, automatisch.

«Richtig erfolgreich werden nur die, die von ihrer Arbeit begeistert sind und das auch zeigen», ist er überzeugt. Sobald ein Jugendlicher realisiert: Alles, was ich mir leiste, finanziert mein Job, denkt er um. Schliesslich sei Arbeit Erfüllung und bringe Freude und Selbstbestätigung. «Das Gefühl, etwas zu leisten, ist toll.»

Der Name ist Programm – Thomas Stark bereitet alles für den nächsten Arbeitstag vor.


Jeden Abend belädt Thomas Stark seinen Lieferwagen.
 
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Die politische Zukunft der Schweiz

Hans-Jürgen John Kölliken Schweiz

Der Autor muss unabhängig sein und bleiben

Wo ich politisch stehe? Im Niemandsland. Zwischen den Fronten. Dort wo es kracht und beide Seiten, die Linke wie die Rechte das Weisse im Auge zeigen und alle Masken fallen lassen. Jeder Autor muss sich treu bleiben und kann nur fair beobachten und berichten, wenn er ausserhalb steht – oder mitten dazwischen.

Hans-Jürgen John Kölliken

Was sind das für welche, die Linken?

Links stehen für mich die Gutmenschen. Die, die das Richtige wollen und es allen recht machen wollen. Wehe aber sie werden an die Regierung gelassen! Sie leeren das Füllhorn über die Menschen des Landes aus. Sie fragen weniger, woher das Geld dafür herkommt. Sie wollen nirgends anecken und wiedergewählt werden. Ich werde wohl nie vergessen, wie die SPD des Kanzlers Schröder Hartz IV in Deutschland einführte und so gerade den Menschen Geld entzog, die es gerne ausgeben. Dieses Geld fehlte plötzlich in der Wirtschaft.

Die Rechten wollens richten. Mit den richtigen Mitteln?

Rechts sind für mich die, denen ihr Land über alles geht. Und über jeden. Da bleiben schon mal die Ausländer auf der Strecke. Sie fahren einen strikten Kurs und wehe, man kommt ihnen in die Quere. Hier stehen viele Unternehmer, die natürlich wollen, dass die Steuergesetzgebung ihrer Zunft den roten Teppich ausrollt und sich dementsprechend verhalten. Sie argumentieren damit, dass ihre Unternehmen konkurrenzfähig bleiben müssen.

Entscheidung in der Sache durch direkte Demokratie

Ausgleichend wirkt die direkte Demokratie. Durch Volksabstimmungen können die BürgerInnen in der Schweiz den Auswüchsen der einen Seite ebenso wie den Fehlern der anderen Seite begegnen.

Wer hat die Schweizer Zukunft erfunden? SP oder SVP?

Welche Partei wird die Schweiz in eine Zukunft führen, die sicher und wohlhabend sein wird? Ich habe keine Lösung.

Wer hat Führungsqualitäten?

Christoph Blocher ist seit Jahrzehnten erfolgreicher Unternehmer. Ein Unternehmen zu führen und wachsen zu lassen gelingt nur, wenn man ein Gespür für den Markt hat. Die Ausgaben müssen Investitionen sein, die sich rentieren. Wer mehr ausgibt, als er einnimmt oder falsche Entscheidungen fällt, riskiert die Pleite und schickt seine Mitarbeiter in die Arbeitslosigkeit. So gesehen sind sich Politik, also die Lenkung des Schicksals eines Staates und die Führung eines Unternehmens ähnlich. Werden Entscheidungen getroffen, die Mehrausgaben bedeuten, können der Wohlstand des Landes und die finanzielle Zukunft der Bürger, ihre Renten und Spareinlagen in Gefahr geraten. Ein Unternehmer plant vorausschauend. Ein Politiker plant oft bis zur nächsten Wahl. Verteilt er großzügig Wahlgeschenke, wird er womöglich wiedergewählt. Seinem Land hat er keinen Gefallen getan. Christoph Blocher ist schon so lange Unternehmer und Politiker, dass dieser Generalverdacht bei ihm nicht greift.

Wer soll da noch draus kommen?

Ich bin kein Politiker. Ich bin kein Unternehmer. Könnte ich wählen zwischen einem Unternehmer als Politiker und einem intelligenten, sympathischen und guten Redner, ich würde den Unternehmer wählen. Er weiß zu haushalten und wirtschaften, sonst wäre er kaum erfolgreich. Wenn ich also eine Diskussion im Fernsehen zwischen Cédric Wermuth und Christoph Blocher verfolge, macht der Jüngere mehr Punkte, weil er manchmal schlagfertiger ist. Ich vertraue dem Älteren und traue ihm mehr zu. Eine Diskussion zwischen Christoph Blocher und Cédric Wermuth für einen Kinofilm Mitten ins Land so zu schneiden, dass die Standpunkte der SP dabei vorteilhaft dargestellt werden, ist Unsinn. Die Kinogänger sind nicht blöd. Sie geben ihr Hirn nicht an der Kinokasse ab und wollen sich eine eigene Meinung bilden und kein politisches Menü vorgesetzt bekommen, dass sie zu genießen haben. Meine Meinung über den Schriftsteller und Filmemacher Pedro Lenz hat darunter sehr gelitten.

Die Neutralität der Schweiz

Die Schweiz hat sich immer herausgehalten. Dazu gehört heute auch die Distanz zu den Euroländern. Die Schweiz ist stolz auf ihre Neutralität und wird im Kriegsfall davon profitieren. Wenn wieder einmal halb Europa wie im letzten Jahrhundert zweimal geschehen in Schutt und Asche liegt – die Schweizer bleiben neutral und das ist gut so. Während also die sogenannten Europäer einen Putin mit Wirtschaftssanktionen in die Knie zwingen wollen und einen Atomkrieg riskieren – offiziell besitzt Russland 1740 (Quelle Wikipedia) gefechtsbereite Atomsprengköpfe, die tatsächliche Anzahl dürfte wesentlich höher sein – behalten die Schweizer einen kühlen Kopf.

Volksnähe entscheidet: Christoph Blocher?

Doch bilde sich jeder seine eigene Meinung. Seit ich in der Schweiz bin, habe ich Christoph Blocher zweimal angeschrieben. Seine Webseite ist für alle offen. Und ich habe zweimal Antwort bekommen. Nicht die Antworten, die ich wollte, aber immerhin hat er ein offenes Ohr für die Sorgen aller Bewohner der Schweiz.

Schriftsteller an die Macht: Pedro Lenz und Alex Capus?

Pedro Lenz versuchte ich zweimal zu kontaktieren, er gibt sich ja in Interviews sehr volksnah. Sein Briefkasten vor dem Restaurant Flügelrad in Olten scheint groß genug. Ich habe nie eine Antwort erhalten. Anders ist da der Oltner Schriftsteller Alex Capus. Das ist ein Mensch zum Anfassen, wie Du und ich. Seine Bücher sind in etliche Sprachen übersetzt und nur zu empfehlen. Sein neuestes Buch: Mein Nachbar Urs ist toll. Leider scheint die Webseite des Autors beim Hanser Verlag so viele Filter vorgeschaltet haben, dass hierüber kein Kontakt zustande kommen kann.

Der Praxistest. Autor arbeitslos. Wer hilft?

Während der Zeit meiner Arbeitslosigkeit machte ich interessante Erfahrungen, die ich hier nicht vorenthalten will. Nun ist ja bekannt, dass jeder Arbeitnehmer in der Schweiz einen Rechtsanspruch auf Hilfe von der Arbeitslosenkasse hat, sollte er denn arbeitslos werden. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es so aus, das die Arbeitslosenkassen zusammen mit den regionalen Stellenvermittlungen (RAV) die Möglichkeit haben Sperren auszusprechen. Dabei können schon mal mehrere Monate ins Land gehen, bevor die ersten paar Franken auf dem Konto eintrudeln. Es entsteht der Eindruck, dass alles getan wird, um die Menschen in die Sozialhilfe der Gemeinden abzuschieben. Wohlgemerkt und aufgehorcht. So werden die Kassen der Kantone entlastet und die Gemeinden haben das Nachsehen.

Gesetz und Realität

Es gibt vielfältige Instrumente einen Arbeitslosen «gefügig» zu machen. So ist der Arbeitnehmer – gerade der ohne Ausbildung – gehalten, jede Arbeit anzunehmen. Punkt. Besitzt er kein Fahrzeug, so ist das kein Hinderungsgrund. Er hat die SBB zu benutzen. Besitzt er nach einigen Monaten kein Geld – das ging mir so, weil ich mich weigerte, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen – so kann er sich entscheiden zwischen Schwarzfahren mit der SBB oder eine Sperre vom RAV zu kassieren, weil ein möglicher Arbeitsplatz nicht angetreten wurde. Ich habe Menschen kennengelernt, die sind aus Angst vor einer Sperre durch das RAV mit der SBB schwarzgefahren. So entstehen Betreibungen in Höhe von tausenden Franken pro verzweifeltem Arbeitslosen. Aktuell ist mir ein Fall bekannt, bei dem die Betreibung 9000 CHF überstieg. Wenn ich so etwas höre, kommt mir die Galle hoch.

Wer zahlts? Die Gemeinden.

Da hat man jahrelang in die Arbeitslosenkasse eingezahlt und aus dem sogenannten Rechtsanspruch auf Hilfe in der Arbeitslosigkeit wird heiße Luft. Die SBB sollten ihre Betreibungen von unverschuldet in Not geratenen Menschen nach dem Verursacherprinzip direkt an die Arbeitslosenkassen schicken.

Vorschuss für die Fahrtkosten? Pustekuchen

Als ich bei einem Temporärbüro einen Job bekam, fragte ich beim RAV schriftlich nach, ob es einen Vorschuss für die Fahrt an die Arbeitsstelle geben könne. Ein Pfarrer war sich sicher, dass man mir dort helfen würde. «Die haben ja ein Interesse daran, dass sie Arbeit finden.» Das RAV verwies mich an die Arbeitslosenkasse. Die Arbeitslosenkasse sagte Nein. So bezahlte ich 48 CHF täglich für die Fahrt nach Zürich Oerlikon und zurück. Wären da nicht Menschen mit Herz, die mir unbürokratisch privat halfen, wäre ich verloren gewesen, versumpft im Morast der Bürokratie.

Das sind Themen, die die Menschen in diesem Land interessieren. Dieser Themen sollte sich ein Pedro Lenz im Film annehmen. Weit gefehlt. Ihn interessieren seine politische Freunde in hohen Ämtern, die er per Kinofilm in Szene setzt.

Ich könnte hier gerade weiter aus dem Nähkästchen plaudern. Übrigens kann man über die Webseite des Christoph Blocher Schlendrian und Vergeudung von Steuergeldern in der öffentlichen Verwaltung melden. Es dauert eine Weile, bis Antwort kommt, aber das ist erträglich.

Unabhängig und offen

Ich muss nicht meine politische Meinung jener der SVP angleichen. Mehrfach habe ich hier eine andere Meinung vertreten. So war ich aus voller Überzeugung für den Mindestlohn. Doch ich habe Achtung vor dem politischen und wirtschaftlichen Erbe von Menschen wie Christoph Blocher. Weder erhielt ich Hilfe von ihm bei der Suche nach Autoren für Johntext noch bei der Arbeitssuche – darauf bezogen sich meine zwei Anfragen an ihn in den letzten Jahren. Doch ich bekam Antwort und neue Motivation auch, ohne politisch einer Meinung zu sein.

«Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Unnachgiebigkeit! Heute können Sie stolz von einem Teilerfolg sprechen. Aus eigenem Antrieb und mit viel Herzblut… . Gehen Sie genau so entschlossen vor, wie bei Ihrer Literaturplattform. Ich bin überzeugt, Sie werden das Passende finden.» (Email vom 12.02.2015 von Dr. Christoph Blocher)

Mehr Infos zu Christoph Blocher auf Wikipedia

Ich werde Sie, verehrte Leserinnen und Leser, auf dem Laufenden halten.

Freundliche Grüsse zum Frühlingsanfang. Ihr Hans-Jürgen John

Hans-Jürgen John ist Hans John (@rafaelofirst) auf Twitter und als Hans-Jürgen John auf Facebook. Hans bloggt auf dem beruflichen Netzwerk LinkedIn.